Unterricht an der frischen Luft im Bergpark.

Reformschule mit Sondergenehmigung für Unterricht draußen

VON THOMAS SIEMON

Gibt es Alternativen für den Wechselunterricht in Coronazeiten? Die Kasseler Reformschule geht neue Wege. 20 Kinder hatten eine Woche lang Untericht im Bergpark Wilhelmshöhe.

Kassel – Bühne frei für die Konzertmuschel im Bergpark Wilhelmshöhe. Hier gab es schon jede Menge tolle Konzerte. Aber ist auf dem idyllisch gelegenen Gelände mit den ansteigenden Sitzreihen auch Schulunterricht möglich? Dazu haben wir zwei Expertinnen aus der Robbengruppe der Kasseler Reformschule befragt. „Ich finde das ganz toll hier“, sagt die siebenjährige Carla. Nicht nur der Ausflug von der Schulstraße am Rammelsberg, sondern auch der Freiluftunterricht. Bei gerade mal sechs Grad Außentemperaturen gestern Morgen ist das nicht selbstverständlich. „Mir ist gar nicht kalt, ich kann mich ja bewegen“, sagt die achtjährige Nora und fängt an zu hüpfen..

Die beiden gehören zu den 20 Kindern im Alter von fünf bis acht Jahren, die in der vergangenen Woche eine besondere Form des Schulunterrichts gemacht haben. Mit einer Sondergenehmigung des Schulamtes stand statt Wechselunterricht das gemeinsame Lernen im Freien auf dem Stundenplan. „Jetzt sehe ich die Kinder endlich mal wieder alle zusammen“, sagt der Lehrer und Initiator Rainer Naefe. Er hat überlegt, welche Alternativen es zu dem aus seiner Sicht sehr unbefriedigenden Wechselunterricht geben könnte.

Einfach nur rausgehen und das über mehrere Stunden? Da fehlen dann Toiletten und ein Schutz, wenn es mal regnet. Er hat Kontakt mit der Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK) aufgenommen, die Hausherr im Bergpark ist. „Ich finde die Idee hervorragend. Wo immer das möglich ist, unterstützen wir solche Projekte“, sagt MHK-Direktor Martin Eberle.

Die Konzertmuschel mit ihrer Überdachung bietet den gewünschten Schutz, die nächsten Toiletten befinden sich im Torbogen des nahe gelegenen Weißensteinflügels und selbst für ein warmes Mittagessen gab es im zweiten Teil der Woche eine Lösung. Das wird in der Schulmensa vorgekocht, Mitarbeiter der Diakonie liefern es in den Bergpark. Zu Beginn der Woche funktionierte es auch noch mit einer doppelten Ration Pausenbrot. „Wir suchen nach Lösungen, wie wir in der Pandemie Unterricht mit Freude machen können“, sagt die Leiterin der Reformschule Petra Fichtner-Gade. Einige Kollegen hätten schon Interesse angemeldet.

Und wie läuft das Ganze praktisch unter Coronabedingungen? Kinder und Erwachsene wurden und werden in der Schule oder privat getestet. Die Gruppe trifft sich um 8 Uhr an der Reformschule, geht dann zusammen in den Bergpark und macht dort Unterricht mit Maske. In der vergangenen Woche ging es um Werbung und darum, eigene Werbeplakate zu entwerfen. An den langen Tagen ist um 14 Uhr Schluss im Bergpark, dann laufen alle zurück zur Schule. Gestern war das schon um 12 Uhr der Fall.

Und nächste Woche? Das wusste am Freitagvormittag noch niemand. Alle hoffen aber, dass es weitergeht.

Für Carla und Nora trifft das nicht nur wegen der tollen Kulisse im Bergpark zu. „Wir haben die besten Lehrer der Welt“, sagt Carla. Und ihre Freundin nickt.

Artikel aus der HNA, Ausgabe Stadtmitte vom 24.04.2021

Leonard, Max,Jannis (von links) haben sich ebenso wie die anderen Kinder testen lassen und trugen vor der Konzertmuschel ganz vorbildlich Masken. Die Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK) als Hausherr im Bergpark hat das Projekt ausdrücklich unterstützt. Es könnte wegweisend für ähnliche Aktivitäten in den wärmeren Monaten sein.

Fotos: Andreas Fischer

Stühle als Schreibunterlage: Mila (links) und Flora waren gestern mit Eifer bei der Sache.