Ein Comic-Workshop zum Thema Flucht.

Ja, wer träumt nicht von uns… von Dingen, die durchaus realistisch erscheinen, aber auch von Dingen, die sehr weit vom eigenen Alltag entfernt sind, uns aber auf unserem Lebensweg trotzdem anspornen durchzuhalten und somit Hoffnung geben.
Die Leseanimateurin Annika Becker vom Verlag Baobab Books verteilt kleine gelbe Post-Its, auf denen die Schüler*Innen der IIIe der Reformschule ihre Träume schreiben sollen. Träume wie „einen Mopedführerschein machen, Straßenbahnfahrer werden, fliegen können, in andere Länder reisen, in einer Band spielen“. Es sind dies Träume wie der Traum der jungen Samia Yusuf Omar, die 2008 wirklich für Somalia an den Olympischen Spielen in Peking teilnehmen durfte und daraufhin alles dafür tut, um bei den nächsten Spielen in London dabei sein zu können und eine reelle Chance zu haben. Diesen Moment ihres Lebens hat R. Kleist in seinem Comic (Graphic Novel) „Der Traum von Olympia“ sehr einfühlsam und mit großem zeichnerischen Talent eingefangen.

Samia flüchtet aus ihrem Land, da für sie ein ernsthaftes Training in Mogadischu nicht möglich ist. Nach einer qualvollen Reise durch verschiedene nordafrikanische Länder steigt sie schließlich in ein Boot, das vor der Küste Maltas in Seenot gerät. Die Rettung naht, doch Samia kann nicht schwimmen und schafft es nicht an Bord des Frachtschiffes, sie kommt im Mittelmeer um.
Der Comic wird nun bei dem „Buchbesuch“ in der Jugendbibliothek (in Kooperation mit Karibu) von der IIIe der Reformschule in Kleingruppen bearbeitet. Sie versetzen sich in die Rolle von Samia, überlegen, wie sie sich in verschiedenen Situationen ihrer Reise wohl gefühlt haben mag, ob und warum sie Kontakt zu ihrer Familie und Freunden hielt und anderes. Die bebilderten Seiten sind sehr ausdrucksstark und so können die Schüler*Innen gut nachempfinden, wie es der Hauptperson wohl in dem jeweiligen Lebensabschnitt ging.

Gefühle wie Angst, Enttäuschung, aber auch Wut wurden häufig in Zusammenhang mit Samias Fluchtweg genannt, schließlich aber auch die Hoffnung, die sie in sich trägt und die sie immer weitergehen lässt. Als sich Samia entschließt mit ihrer Tante zu flüchten, muss sie sich entscheiden, was sie dazu mitnimmt. Diese Frage bekommen die Schüler*Innen nun auch gestellt und die Antworten darauf, sind sehr unterschiedlich. „Na das ist doch klar, nur die ganz wichtigen Dinge, die man zum Überleben braucht, wie Bekleidung und etwas zu essen und zu trinken“, hört man da und andere sagen „nein, ein Handy, um Kontakt aufnehmen zu können und genug Geld, damit man die Schlepper bezahlen kann“. Die Schüler*Innen sind von Samias Geschichte gefangen genommen und als dann eine syrische Mitschülerin noch Erinnerungen an ihre Flucht ergänzt, wird aus der Bildergeschichte plötzlich Realität.“Ja“, sagt diese, „ das Handy ihres Vaters und Geld hätten sie mitgenommen“. Erstaunte Stille im Raum… Es folgen Fragen und sie antwortet bereitwillig. Durch welche Länder sie geflüchtet sei? Ob sie dort zur Schule gegangen sei? Als uns dann Frau Becker in einem You tube Clip über das Buch zeigt, mit welchem Boot Samia gefahren ist, erzählt die Mitschülerin wie ihres ausgesehen habe, nämlich viel kleiner und berührt ihre Mitschüler*Innen aufs Neue… Der Schülergruppe wird bewusst, was sie über ihre Mitschüler*Innen alles nicht wissen, obwohl sie doch dachten, sich gegenseitig so gut zu kennen und ihnen wird klar: Je besser man sich kennt, umso mehr Verständnis kann man füreinander aufbringen.
Zum Abschluss wurden erneut Post-Its an alle Schüler*Innen verteilt mit der Frage, ob sie vielleicht nach der Beschäftigung mit Samias Schicksal nun noch andere Träume hätten… und die hatten sie in der Tat.

In diesem sehr anregenden Workshop wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen unseren Schüler*Innen und dem Leben dieser jungen Frau aus Somalia in einen ganz neuen Blickwinkel gerückt und die Schüler*Innen spürten sehr deutlich, dass jede/r „kleine“, ganz persönliche Träume hat, aber auch „große“, die die Menschen auf der ganzen Welt verbinden.
Wer möchte, kann sich den Comic in der Schulbibliothek ausleihen, denn wir bekamen zum Abschluss ein Exemplar geschenkt…

(Schalles/Krug)