Förderkonzept der Reformschule Kassel .

Gesamtförderkonzept der Reformschule

Stand: Juni 2017

1. Leitlinien

Die Reformschule Kassel befindet sich im Bereich der Schulentwicklung ebenso wie alle anderen Schulen im Spannungsfeld einer Vielzahl interner und externer Anforderungen. Mit ihrem sehr deutlich ausgeprägten entwicklungsbezogenem Bildungskonzept, welches die Kompetenzentwicklung als Aufgabe der Lernbegleitung in den Vordergrund rückt, steht immer die Perspektive des Lernenden im Mittelpunkt von Unterricht und damit von schulischer Förderung aller Kinder. Lernen und Leisten bilden eine untrennbare Einheit und finden ihren Ausdruck in einer pädagogischen Lernkultur, die zugleich individuell und dialogisch ausgerichtet ist. Dabei wird der Zugang sowohl für den Lehrenden als auch für die Lernenden immer mehrperspektivisch und förderdiagnostisch betrachtet.

Ein damit deutlich anthropologisches Bildungsverständnis stößt zuweilen auf einen nicht auflösbaren Widerspruch  zu einem evidenzbasierten Bildungskonzept, bei dem sich die Perspektive auf die „Erträge“ hin ausrichtet und Lernen nicht selten vom Leisten getrennt wird. Kompetenzen und Prüfbarkeit und  Reduktion auf Testbarkeit in massentauglichen Formaten stehen deutlich im Widerspruch zu einer entwicklungspädagogischen Lernkultur und können nur mit einigem Aufwand und unter Offenlegung des Widerspruchs in unser Schulkonzept integriert werden.

Eine Herausforderung bei alledem sind auch für uns als Regelschule die gesetzlich festgelegten Ziele, die besagen, dass

„die gemeinsame Erziehung und das gemeinsame Lernen aller Schülerinnen und Schülern in einem möglichst hohen Maße verwirklicht wird und jede Schülerin und jeder Schüler unter Berücksichtigung der individuellen Ausgangslage in der körperlichen, sozialen und emotionalen sowie kognitiven Entwicklung angemessen gefördert wird. Es ist Aufgabe der Schule, drohendem Leistungsversagen und anderen Beeinträchtigungen des Lernens, der Sprache sowie der körperlichen, sozialen und emotionalen Entwicklung mit vorbeugenden Maßnahmen entgegenzuwirken.“ [1]

Dieser Anforderung versuchen wir in einem schulischen Gesamtförderkonzept zu begegnen, das sowohl die Bereiche der Inklusion wie die der Integration in einem schulischen Gesamtförderkonzept für alle Kinder zusammenführt.

In ihrem neuen Leitbild hat sich die Schule über ihr pädagogisches Selbstverständnis vergewissert.

„Die Reformschule soll dem jungen Menschen helfen, seine Bildungsmöglichkeiten vielfältig zu entfalten. Er soll dabei nicht nur seinen Geist bilden können, sondern auch seinen Körper und seine Fähigkeiten, etwas mit den Händen herzustellen. Er soll sich in der Welt orientieren lernen – in der Nachbarschaft wie in fernen Ländern. Er soll die Verhältnisse in der Gesellschaft so weit begreifen lernen, dass er ihnen, einmal erwachsen, handelnd antworten kann. Bei alledem soll er lernen, sich selber zu achten, indem er die anderen achtet, deshalb muss er in der Schule die Erfahrung machen, dass es ein Glück ist, wenn er aus eigener Initiative mit anderen zusammenarbeiten kann, auch wenn er zuzeiten imstande sein muss, für sich allein zu arbeiten.“

(Hans Rauschenberger: Schritte zum Anfang, In: Förderverein “Reformschule Wahlershausen e.V“ (Hrsg.): Festschrift zur Eröffnung der Reformschule, 1988)

Die zur Schulgründung formulierten Ziele der Reformschule Kassel enthalten bereits wesentliche Merkmale einer inklusiven Schule. In einer Schule, die Lern- und Lebensort ist, verstehen wir Inklusion als einen Prozess und ein Ideal, nach dem wir als Schule streben. Jeder Schritt auf diesem Weg ist uns wichtig. Eine inklusive Schule sieht Heterogenität und Andersartigkeit von Menschen nicht als Belastung, sondern als Potential auf dem Weg einer Gesellschaft der Vielfalt und Teilhabe für alle.

Der Reformschule sind alle Kinder willkommen. Sie werden in einer pädagogischen und organisatorischen Einheit von Grund- und Sekundarstufe I zu einem Abschluss geführt, der ihre individuellen Kompetenzen dokumentiert. Die Schule trägt Verantwortung für den Lernerfolg aller Kinder.

Die Schule ist demokratisch und partizipativ. Die Kinder sind Subjekte ihrer Lernprozesse und werden an den Entscheidungen, die Schulleben und Unterricht betreffen, beteiligt.

Lehrkräfte und Mitarbeiter arbeiten mit den Eltern zusammen. Alle fühlen sich für die Kinder verantwortlich.

In unserer Schulgemeinde leben Kinder, Lehrkräfte und Eltern die Vielfalt und achten einander darin.

In jeder Gruppe lernen Ältere und Jüngere miteinander und voneinander, Mädchen und Jungen, Kinder mit und ohne Behinderung, mit unterschiedlicher sozialer, kultureller oder religiöser Herkunft.

Der Aufbau stabiler Beziehungen sowohl der Kinder untereinander als auch zu den Erwachsenen ist uns wichtig als leitendes Prinzip des Unterrichts und als Gegenstand besonderer Unterrichts- und Schulveranstaltungen.

Mit dem Ziel einer ganzheitlichen Entwicklung der Kinder schaffen wir Lernarrangements, die die individuellen Kompetenzen und sozialen Fähigkeiten aller Kinder fördern. Dabei gestalten wir die Anforderungen angemessen und beteiligen die Kinder im Prozess der Leistungsbewertung und Leistungsrückmeldung.

Wir fördern die gegenseitige kollegiale Unterstützung und arbeiten in Teams. Die Schulentwicklung wird als stetiger Prozess  gesehen, an dem alle Beteiligten mitwirken und sich den Herausforderungen stellen.

1.1          Sächliche und persönliche Ressource

Im Schulgebäude werden für Differenzierung und Förderung alle schulischen Räume genutzt wie die Freifläche, die Mensa, die Flure, die Caféteria, die neuen Ganztagsräume und die Differenzierungsräume in Alt- und Neubau.

Förderangebote finden statt in Form von

  • Binnendifferenzierung im Unterricht (z. T. mit Doppelsteckung)
  • Soziales Lernen / Interaktion
  • Förderkurse/Forderkurse
  • Intensivpraktikum
  • Deutsch-Übung
  • Mathe-Übung
  • Früben

Punktuelle Zusammenarbeit mit außerschulischen Fördereinrichtungen und Lern- und Betreuungs-angeboten findet statt. Alle mit einem Kind beschäftigten Erwachsenen in der Schule sind in einem multiprofessionellen Austausch eingebunden (Teilnahme an Runden Tischen, Fallbesprechungen, Stufenkonferenzen, Gruppenkonferenzen, Gesamtkonferenzen….)

1.2          Ziele und Strategien

Das Leitbild der Schule wurde im Kollegium diskutiert und 2015 in der Schulkonferenz verabschiedet.

Förderschwerpunkte auf der Basis des Leitbildes sind:

  • Unterstützung bei Teilleistungsschwächen
  • Unterstützung bei bes. Begabung
  • Unterstützung in der soz. Entwicklung
  • Unterstützung im Arbeitsverhalten
  • Unterstützung bei kreativer/handwerklicher Tätigkeit

Das schulische Förderkonzept wurde 2015/16 im Kompaktseminar evaluiert und in eine intensive Förderplanarbeit überführt.

Einrichtung einer von der Schulleitung initiierten Arbeitsgruppe beim anstehenden Schulleitungswechsel dient der  Qualitätsentwicklung und –sicherung

Das gemeinsam erarbeitete Reformschule ABC dient dem kollegiumsinternen Wissenstransfer.

1.3          Führung und Management

Ziele und Prozesse schulischer Förderangebote werden transparent und nachvollziehbar in:

  • Informationsabenden beim Stufenwechsel
  • Elternabenden für Kinder mit bes. Förderansprüchen
  • in mind. halbjährlichen Lernentwicklungsgesprächen
  • Förderkonferenzen
  • Inklusions-Team

Strukturen und personelle Zuständigkeiten bei der Initiierung von Förderangeboten sind geklärt (z. B. Beratungsanfragen, Einsatz der  Förderlehrer, Unterstützung der Schulpsychologin).

1.4          Professionalität

Absprachen, Aufgabenverteilung, Evaluation der Förderarbeit finden statt in:

  • Gruppenteams
  • Förderkonferenzen (stufenbezogen)
  • halbjährlichen Lernentwicklungskonferenzen
  • Inklusions-Team

Förderpläne werden in Kooperation von Gruppen- und Fachlehrern mit Unterstützung der Förderlehrkräfte formuliert.

Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen erfolgt in den Teams und mittels eines überarbeiteten Qualitätshandbuches „Reformschul-ABC“.

Eine Darstellung differenzierter Kompetenzstufen wurde erarbeitet für die überfachlichen Kompetenzen, die Projektarbeit und in einzelnen Fachbereichen. Diese liegen dem Fachunterricht zugrunde und dienen den Schülern für Selbsteinschätzung und Feedback.

1.5          Schulkultur

Auf der Grundlage eines abgestimmten Leitbildes ist die individuelle Förderung ein Grundprinzip für Schule und Unterricht, das von den Lehrkräften der Reformschule getragen wird.

Nach dem Grundverständnis einer binnendifferenziert organisierten integrierten Gesamtschule besteht Konsens unter den Lehrkräften, dass die durchgehende Förderung jeden Schülers tragendes Prinzip der Schule ist.

Zutrauen und Vertrauen der Lehrkräfte stärken Selbstwirksamkeit und Selbstwertgefühl. Sie fördern Lernbereitschaft und Leistungsfähigkeit.

Der Einsatz von stärken- und ressourcenorientierten Lernentwicklungsberichten, Rückmeldungen zu Leistungsnachweisen und Förderplänen unterstützt einen langfristig angelegten Förderprozess.

Förderunterricht wird vorrangig als binnendifferenzierte Maßnahme im Regelunterricht organisiert. In Ausnahmefällen kann er als Einzelförderung oder Kleingruppenangebot stattfinden.

1.6          Lehren und Lernen

Projektarbeit bietet differenzierte Zugänge zum Erwerb von Kompetenzen und Kenntnissen, Wunschprojekte, freie Projekte und schließlich die Halbjahresarbeit fördern selbstständiges und eigenverantwortliches Lernen.

Kooperative Unterrichtsformen und herausfordernde Aufgabenstellungen greifen diese Kompetenzen auch im Fachunterricht auf.

Eine differenzierte Rückmeldekultur sorgt für transparente Leistungserwartung und Leistungsbewertung.

Diagnostik, individuelle Leistungsbegleitung und Leistungsbewertung erfolgen in Form von:

  • kriteriengeleiteter Selbsteinschätzung und Rückmeldung
  • Lerngespräche
  • individuelle Leistungsrückmeldungen (mündlich und schriftlich)

Selbstständiges, eigenverantwortliches und kooperatives Lernen ist Unterrichtsprinzip und konzeptionell verankert.

Das Lernen unterstützende Regeln und Rituale sind weit entwickelt und durchgehend verankert (Interaktion, Soziales Lernen, Gruppenrat).

Die Ergebnisse externer Evaluation von Schülerleistungen werden in Stufen- und Fachkonferenzen ausgewertet.

Elke Hilliger, Juni 2017